Klinikaufenthalt "Weißer Hirsch" vom 25.05.-05.08.2021
1. Mit welchen Beschwerden/Problemen kam ich zur Behandlung?
2. Welche Ziele hatte ich für die Behandlung?
3. Äußern Sie sich über ihrer Gefühle, Empfindungen und Wahrnehmungen.
4. Was habe ich von meinen Zielen erreicht und was nicht.
5. Wie geht es für mich weiter (Freunde, Familie, Nachbehandlung)?
6. Kritiken, Vorschläge und Bemerkungen.
Vorwort
In jeder Klinik, in der ich einen langen Aufenthalt hatte, gab es am Ende die Aufgabe, eine Aufenthaltsreflexion zu schreiben. In den Wochen meines Aufenthaltes schrieb ich fortlaufend, diese Zeilen. Gerade wie sie mir in den Sinn kamen, wie sie mir mein Gedankenchaos sortierten. Nein, für die reguläre Reflexion waren sie nicht tauglich, aber ich nutzte sie für die Reflexion in der Patientengruppe. Die waren so eine gute Truppe, dass sie es einfach verdient hatten, meine Worte über, von und mit ihnen zu hören. Sie hatten einen großen Anteil daran, dass ich es schaffte wieder Leben zu wollen.
Und wieder ist ein Tag vergangen, an dem ich damit lebe, dass du auf der anderen Seite bist.
Ich weiß nicht wie ich damit leben soll, auch wenn ich weiß deine Schwester wird dich finden. Ihr seid nicht allein.
Es ist gerade schwer, mein Leben nicht aufzugeben, um bei euch zu sein. Es gibt hier Menschen die es nicht verdient haben, dass ich mein Leben hinschmeiße.
Der Tod kam wieder durch das Telefon.
Die Nachricht lies meine Welt zerbrechen.
Sie hämmerte mich unerbittlich und grausam.
Ich konnte nur noch schreien, wollte nur noch sterben.
Warum mein Kind?
Warum nicht ich?
Das Leben ist so ungerecht.
Was habe ich getan, dass Gott mich so bestraft.
Ich schreie Gott an und bitte um Erbarmen.
Erbarmen, Seelenheil und Todessehnsucht.
Doch er erhört meine Bitte, mein Flehen, nicht.
Ich will doch einfach nur sterben.
Ich habe genug vom Leben.
Bin müde vom Leben.
Ein kunterbunter Regenbogen, unter deinen Schritten.
Kunterbunt, wie dein Leben.
Doch nun bist über den Regenbogen auf die andere Seite
des Lebens gegangen.
Du bist tot.
Für immer.
Ich kann die Tür nicht öffnen.
Nie mehr.
Erst wenn die Zeit kommt, darf ich über die Regenbogenbrücke gehen,
Irgendwann.
Erst dann werde ich dich wieder sehen.
Ein Tür schlug krachend zu.
Viele Jahre sind vergangen.
Ohne Worte, in Schrift oder Ton.
Nun hat das Schicksal diese Stille endgültig gemacht.
Du bist über die Regenbogenbrücke gegangen.
Plötzlich!
Unerwartet!
Einfach so!
Ich habe Sehnsucht, in deine braunen Augen zu blicken.
Sie verraten deutlich deine Stimmung.
Mal glitzern sie vor Freude.
Haben Hochglanz, wenn du liebst.
Deine Augen werden matt, wenn du enttäuscht bist.
Sprühen Feuerfunken hart und unerbittlich, wenn du dich ärgerst.
Sie können wunderbar weich sein, wenn du Menschen magst.
Aber auch so viel Verachtung zeigen, das mir kalt wird.
Dein Lächeln lässt jeden Widerstand schmelzen.
Egal. Hauptsache in deine Augen sehen.
Heute sitze ich hier und habe Fragen.
Fragen, die du mir nicht beantworten kannst.
Nicht beantworten willst?
„Ich brauche Hilfe“.
Ich bekomme Hilfe.
Ohren hören zu, der Mund schweigt, die Augen
schauen mich an.
Ein feste und ehrliche Umarmung.
Worte braucht es nicht.
Skill-Alarm.
Ein Eis-Pack im Genick nimmt der Laptop meine Gedanken auf.
Meine Fragen auch.
Die Nachricht von deinem Tod erschütterte uns bis ins Mark.
Weg war die Sicherheit, dass du lebst und glücklich bist.
Du bist tot.
Du bist über die Regenbogenbrücke gegangen.
Die Polizei fand dich in deinem Bett. Tod.
Die Todesursache und Zeit konnte der Notarzt nicht feststellen.
Gestorben zwischen dem 23. und 25.05.2021.
Todesursache unbekannt hieß es im ersten Dokument.
Keine Hinweise auf Fremdeinwirkung, auf Drogen oder Tabletten.
Nichts und doch warst du tot.
Fremdverschulden konnte nicht völlig ausgeschlossen werden.
Zur Obduktion freigegeben.
Irgendwann halten wir die Ergebnisse in der Hand.
Stoffwechselerkrankung als Todesursache heißt es dann.
Warum hat kein Arzt diese irgendwann diagnostiziert?
Gab es dafür keine Anzeichen, Erkennungsmerkmale?
Fragen und Zweifel füllen die Wartezeit.
Die Wartezeit auf die Obduktionsergebnisse.
Am Morgen klingelt mich der Wecker aus dem Schlaf.
Endlich die Nacht vorbei.
Endlich die Traum-Suche beendet.
Bin auf der Suche und weiß nicht wonach.
Ich irre umher, in einem Meer von Türen.
Türen öffnen sich und gehen ins Leere.
Türen sind verschlossen, kein Schlüssel passt ins Schlüsselloch.
Endlose Gänge, endlos viele Türen.
Der Wecker beendet meine Endlos-Sucherei.
Ein Tag neigt sich dem Ende entgegen.
Die Sonne gibt dem Abend die Wärme.
Heute habe ich mich gefreut.
Ein Tag mit wundervollen Nachrichten.
Am Morgen die Nachricht, es kommt Besuch.
Raten muss ich nicht,
da es nur einen Menschen gibt, in meiner Welt,
der einfach mal so da ist.
Der einfach mal vorbei kommt.
Meine beste Freundin Conny, nur sie kann es sein.
Wenig später eine Nachricht aus Dänemark.
Heute saß ich hier und sprach von meinen Gefühlen.
Gefühlen?
Eher davon, dass die Gefühle nicht da sind.
Ich kann die Welt erobern und denke ich freu mich.
Und doch ist da nur die gähnende bleierne Leere in mir.
Diese einfache Nichts, ob so oder so.
Die Gefühle kommen nicht an.
Der Weg ist gesperrt.
Ich bin gefangen im Netz der negativen Gedanken.
Im Netz der widerkehrenden eigenen Abwertung.
Im Netz der Selbstignoranz und Wut auf mich selbst.
Gefühle sind wieder sorgsam versteckt.
Versteckt im Irgendwo.
Die zarten Bande zwischen Emotion und Gefühl gerissen.
Erinnerung wie es einmal war.
Erinnerung wie schon mal war.
Zurück gestoßen in „die leere Kiste, die denken kann“.
Die Seele schützt sich, wenn sie kann.
So einfach.
So schwer.
So hart.
Leben ohne Gefühle ist, nicht Leben.
Nur überleben.
Es ist so schwer in Worte zu fassen,
was meine Seele in mir schreit.
Ein altes Boot wird uns begleiten auf deinem letzten Weg.
Tuckernd wird es hinaus aufs Meer fahren.
Die Wellen werden an seinen Planken brechen und schäumend kleine Wasserblasen schlagen.
Traurig ein Lied summend ist der Wind natürlich auch dabei.
Gestern noch saßen wir beisammen.
Doch du warst nicht in dieser Welt.
Deine Seele jagte dich.
Du hast gekämpft, um dich selbst.
Niemand war da, der dich drängte.
Niemand war da, der dich erdrückte.
Niemand war da, der dich kaputt machen wollte.
Nur in deiner Gedankenwelt, lebte dieser Mann.
Du hast gelitten. Schmerzen gefühlt.
Hast nach Antworten gesucht und nicht gefunden.
Ich wollte dich halten, helfen.
Unmöglich, denn deine Wahrnehmungen konnte ich nicht teilen.
Ich bin deine stolze Mum
Du bist mein Sohn.
MEIN! Sohn, nicht weil ich dich besitzen möchte.
Ich bin deine Mum, du der Sohn dazu.
Ich liebe dieses Wort, seit dem ich es kenne, durch dich.
Ich bin dankbar dafür deine Mum sein zu dürfen.
Ich bin stolz darauf deine Mum zu sein.
Stolz darauf, so einen Sohn wie dich zu haben.
Vorwort:
In meinem stationären Aufenthalt in der Klinik Weißer Hirsch, war malen mein absoluter Skill, um meine schweren, traurigen, tot-müden Gedanken zu verbannen. Mein Mann konnte gar nicht so schnell Holz verarbeiten, wie ich es bemalte. In einer Durststrecke, nahm ich das was da war - Marmeladengläser.
Ich bemalte den Deckel und das Glas und machte daraus Glücksmomente-Gläser. Diese stellte ich auf den Küchenwagen, zum mitnehmen für andere Patienten und legte meinen Text dazu. Es dauerte nicht lange da waren alle Gläser verschwunden. Ich hatte also ganz einfach anderen eine Freude gemacht. Das wiederum erfreute mich.