Abschlussreflexion

Abschlussreflexion

Klinikaufenthalt "Weißer Hirsch" vom 25.05.-05.08.2021

1. Mit welchen Beschwerden/Problemen kam ich zur Behandlung?

2. Welche Ziele hatte ich für die Behandlung?

3. Äußern Sie sich über ihrer Gefühle, Empfindungen und Wahrnehmungen.

4. Was habe ich von meinen Zielen erreicht und was nicht.

5. Wie geht es für mich weiter (Freunde, Familie, Nachbehandlung)?

6. Kritiken, Vorschläge und Bemerkungen.

1. Mit welchen Beschwerden/Problemen kam ich zur Behandlung?
Mein Mann hat den Notarzt gerufen, der mich in die Klinik eingewiesen hat. Ich hatte starke Suizidgedanken, wollte nicht mehr leben. Mein 2. Kind hatte die Polizei tot in der Wohnung gefunden. Durch den Logout verschärfte Depression – totaler Rückzug aus dem Leben.

2. Welche Ziele hatte ich für die Behandlung?
Ich habe Frau Dr. Barth versprochen keinen Suizidversuch in der Klinik zu unternehmen. Ich wollte daran arbeiten wieder Mut zum Leben, den Willen zum Leben zu haben und mich insgesamt wieder zu stabilisieren. Zu Beginn stand das Überleben im Focus. Darüber hinaus die psychische und mentale Vorbereitung auf die Seebestattung. Später konnte ich auch sehr gut an meinen altbekannten Problemstellen arbeiten (Skilltraining).

3. Äußern Sie sich über ihrer Gefühle, Empfindungen und Wahrnehmungen.
Zu Beginn meines Aufenthaltes hatte ich meine Gefühle und Empfindungen sehr vergraben. Nichts kam wirklich bei mir an. Ich war in meinem Grau gefangen. Der Therapieplan war übersichtlich. Ich hatte das Gefühl, dass zu wenig Einzeltherapiestunden angesetzt waren. Ich war aus der Traumaklinik „Am Waldschlösschen“ anderes gewohnt. Dort wäre ich aber völlig überfordert gewesen. Schnell bemerkte ich hier, dass die stattfindenden Therapien im guten Gleichgewicht lagen. Nur Einzeltherapiestunden hätte ich gern eine Stunde mehr gehabt.

Die Arbeit in der Skillsgruppe war für mich sehr hilfreich. Auch wenn ich ein alter Therapie-Hase bin, konnte ich mir Neues mitnehmen, altes auffrischen und vor allem über die Themen sprechen. Wieder einmal aussprechen, was mich jagte, was mich nervte oder nicht vorhanden war. Wieder einmal bemerken, dass ich damit nicht allein war. So bekam mein Selbstwertgefühl, schon dadurch einen positiven Schub.

Die Einzeltherapiestunden und Bezugspflegetherapieeinheiten waren sehr hilfreich, um bestimmte Themen zu besprechen, auch Trauerarbeit zu leisten. In den Einzeltherapie-Einheiten wurde ich sehr gut abgeholt und aufgefangen. Hilfreich war hier auch, dass ich hier an meinen Alltagsbaustellen arbeiten konnte. Auch das Thema Trauer und innerer Kritiker Bestandteile waren.
Ich war sehr erstaunt über die Kompetenz, mit welcher meine Bezugspflege-Therapiestunden ausgeführt wurden. So konnte ich durch sie endlich mein Spiegelbild anlächeln, ohne das das Lächeln zu einer Grimasse mutierte. Die Idee einen Marienkäfer dem Vogel entgegenzustellen, hat sehr gut funktioniert. Durch das Aufschreiben von Lob, Wertschätzungen und Komplimenten konnte ich meinem kleinem Ego zeigen, dass ich doch gut bin, wie ich bin und mich nicht verstecken muss. Auch das Aufmalen von Smileys für den Tag war hilfreich beim Wochenrückblick. Wenn zu Beginn nur ausdruckslose Smileys zu sehen waren, kamen doch alsbald auch lächelnde oder müde hinzu. Das werde ich zu Hause fortführen und vielleicht dann auch bunte Smileys malen.

In den Gruppentherapiestunden fühlte ich mich aufgefangen und auch gefordert. Sie verbesserten stets mein Allgemeinbefinden. Auch wenn es manchmal schwer war, ein Thema zu finden, waren die Inhalte stets sinnvoll und gut gewählt, so dass die Zeit oft davon rannte.

Ich habe das Zusammenspiel dieser 3 Therapieformen als sehr wertvoll empfunden. Damit war für mich auch meine erwartete Einzeltherapieanzahl gut und ausreichend gedeckelt. Die Traumaklinik „Am Waldschlösschen“ kann sich eine Scheibe abschneiden und sollte sich das tolle Manual erbitten und die Skillarbeit übernehmen. Skill-Listen verteilen ist eben doch nur bedingt sinnvoll. Das Manual wird auf jeden Fall, auch zu Hause, mir an so manchem Tag hilfreich sein. Darüber hinaus werde ich mir auch die Karten zum Selbstwert bestellen, um für mich weiterzuarbeiten. Vielleicht kann beides sogar für mein Vorhaben, in unserer kleinen Kirchengemeinde eine Selbsthilfegruppe zu gründen, eine sehr gute Vorbereitungs- und Arbeitsgrundlage sein.

Ergo/Kunsttherapie ließen meiner Kreativität freien Raum. Herrlich an „Großprojekten“ für die Klinik mitzuarbeiten. Etwas zurück geben, für die hier erhaltene Hilfe. So war in der Kunsttherapie schnell eine kleine Altstadt unter der kunterbunten Sonne und zwei große Übertöpfe in der Einzeltherapie-Ergo entstanden. Schön zu wissen, dass in der Klinik etwas bleibt, an dem ich mitgewirkt hatte.

Achtsamkeitstraining war unmöglich. Ich konnte meine Umwelt einfach nicht positiv wahrnehmen. Die Welt war mit viel zu Licht ausgestattet und ich sah nur Grau in Grau. Auch jetzt noch habe ich es schwer, die Welt in ihren bunten Farben zu akzeptieren, zu genießen. Vielleicht male ich deshalb einfach kunterbunt.
Musiktherapie habe ich gleich zu Beginn abgewählt, denn die lauten und hellen Töne rauben mir den Nerv und hohe Töne tun mir im Gehirn weh.

Wochenrückblick und DiaryCard waren für mich ein sehr gutes Handling, um nach ein paar Wochen selbst zu erkennen, es geht vorwärts, ich verändere mich positiv. Das machte mir Mut. Hatte ich am Beginn große Schwierigkeiten etwas zu finden, was am Tag Freude gebracht hatte, mein Lebenswillen noch hart attackierte, gab es doch auch Bienchen, wenn es eine positive Veränderung gab. Selbst das Bienchen zauberte dann ein Lächeln in mein Gesicht. Besonders die Diagrammkurve im Wochenrückblick gab mir Mut, weil sie auch zeigte wie es hoch und runter aber immer höher ging, mit meinem Lebenswillen. Heute kann ich sagen, ja ich möchte noch leben, ein bisschen noch und schönes erleben.

Ich habe hier erfahren, wie mich andere Patienten schätzten, lobten und der Kontakt zu allen war, glaube ich, sehr gut. Ich wurde aber auch durch sie konfrontiert. Konfrontiert mit vielen sehr jungen Patienten, die mir zu Beginn meines Aufenthaltes das Leben schwerer machten, einfach nur der Tatsache geschuldet, dass sie jung waren. Heute kann ich sagen, es war ein Glück, denn so konnte ich mich nicht vor dieser Altersgruppe drücken. Doch so ein Satz „Ich fühl mich bei dir sehr wohl“, löste Kopfterror aus und viele unbeantwortete Fragen nach dem Warum. Heute weiß ich, warum wird nicht beantwortet, es war eben so. Trotzdem habe ich meiner Tochter einen schönen Abschied gegeben, mit all meiner Liebe und Wärme.

Das Krankenpflegeteam ist das Beste, welches ich in meinen verschiedenen Klinikaufenthalten kennenlernen durfte. Nein, es gibt keine Ausnahme, auch nicht von der Regel. Ich glaube hier hat die Klinik mit Stationsärzten, Therapeuten und Krankenpflegeteam einen Volltreffer gelandet und sollte darauf achten, dass es auch so bleibt. Ich für meine Belange, werde ich die Klinik und P4 weiterempfehlen, in der Hoffnung, dass es dieses Team und die Klinik noch lange Zeit haben um Menschen zu helfen und keinen Wirtschaftsunternehmens-Gutachtern zum Opfer fällt.
4. Wie geht es für mich weiter (Freunde, Familie, Nachbehandlung)?
An erster Stelle steht jetzt Urlaub an. Ein paar Arzttermine sind auch noch vorhanden. Ich hoffe sehr, dass die Warteliste meiner neuen Therapeutin bald abgearbeitet ist und ich mit der „Inneren Kind“-Arbeit beginnen kann. Ich möchte auch wieder aktiver werden, in dem ich meine Foto-Spaziergänge wieder täglich unternehme. Dann sehe ich weiter. Ich muss noch lernen, wie es ist, trotzdem zu leben. Aber ich werde es tun. Aufgeben ist keine Option mehr.

5. Kritiken, Vorschläge und Bemerkungen.
Im Skilltraining auch die Skill-Listen ausgeben und ansprechen was hilfreich in bestimmten Bereichen sein kann, wie zum Beispiel der Igelball verhindert, dass man sich selbst verletzt beim Fingerverbiegen o.ä. Wie ein Gummiband oder Jonglierball helfen kann, auch Gehirnjogging (Kopfspiele wie ABC-Einkauf oder 1-5 Farben suchen).
Bei Neuzugängen, eine kurze Einweisung was in der Ergotherapie möglich ist, Einweisung was wo zu finden ist, um den Einstieg zu erleichtern. Als Neuzugang kam ich mir sehr überflüssig vor.

DANKE
Ich möchte mich bei allen Patienten und dem Pflege/Ärzteteam für meine 10 Wochen Aufenthalt bedanken. Ich bin sehr dankbar für jeden Tag, den ich hier wieder dem Leben näher gekommen bin. Ich bin dankbar dafür, dass gesehen wurde, wenn es mir gerade nicht gut ging und sofort ein Gesprächsangebot nachgefragt wurde, welche ich gern annahm. Ich bin dankbar dafür, dass in meiner Not immer jemand da war, der mir zuhörte und mich auffing.
Ich bin auch dankbar dafür, der Station mit meinen Holzschildern eine Freude bereitet zu haben.

 

Sie alle bleiben in meinen guten Erinnerungen. Wenn ich wieder einmal Hilfe brauche, weiß ich wohin ich gehen muss.
Bleiben Sie alle gesund. Passen Sie auf sich auf! 

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